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Open Source Economy - Interview mit Stefan Meretz

Als Elevate-Team stellten wir all unseren Gästen vorab Fragen zu wichtigen Themen des diesjährigen Diskursprogramms.

Hier die Antworten des Informatikers und Peer-Commons-Aktivisten Stefan Meret, der am Donnerstag (24.10.) und Freitag (25.10.) das Festival mit seinen Analysen und Ausführungen über gesellschaftliche Alternativen bereichern wird.

ELEVATE: Was bedeutet „Open Everything“ für dich?
Open Everything ist eine neue Philosophie, die gegen die alte proprietäre steht: gegen Geschlossenheit, Privateigentum, Ausschluss, Borniertheit, Isolation, Fremdbestimmung, Kapitalismus. Für die Commons.

ELEVATE: In welchen Bereichen ist Openness für dich besonders wichtig? Welche aktuellen Entwicklungen nimmst du dort gegenwärtig wahr? Mit welchen Herausforderungen sind wir konfrontiert?
Openness ist überall dort wichtig und subversiv, wo Individuen oder Kollektive ihre ökonomische Macht auf Propritariät gründen und sich mittels Ausschluss auf Kosten von anderen durchsetzen. Zu unterscheiden sind erzwungene Openness (etwa verteilte Raubkopien oder geleakte Geheim-Dokumente) und Openness als Mittel der produktiven Schöpfung (etwa bei der commonserzeugenden Peer-Produktion). Erzwungene Openness ist ein Akt des Widerstands, während produktive Openness neue Möglichkeiten schafft, die eigenen Lebensbedingungen unabhängig von den etablierten Strukturen - jenseits von Markt und Staat - herzustellen.

ELEVATE: Die neue Openness birgt großes Potenzial für Selbstermächtigung und Partizipation, aber auch die Gefahr der totalen Überwachung, Kontrolle und verschärften Ausbeutung und Unterdrückung. Wie schätzt du die Situation ein: welche Tendenz überwiegt?
Openness sollte nicht mit Postprivacy verwechselt werden. Openness kann sich nur auf solche Informationen beziehen, die wir gemeinsam brauchen, um die Lebensbedingungen zu schaffen, die wir wollen. Openness kann keine Anforderung an Individuen sein, ihre Informationen offenlegen zu müssen. Die informationelle Selbstbestimmung ist gegen staatliche und private Überwachung, Speicherung und Fremdnutzung je eigener Daten zu verteidigen. Langfristig wird sich die produktive Openness durchsetzen, weil auch der Kapitalismus ohne sie auch nicht mehr kann. Kurzfristig gibt jedoch die alte proprietäre Betonfraktion der Überwachung, Kontrolle und Exklusion noch den Ton an.

ELEVATE: Was müsste geschehen, damit das emanzipatorische Potenzial der Openness genutzt werden kann?
Wir brauchen einen Begriff der Openness, der in der Lage ist, klar zwischen Zwangs-Openness als Form der Überwachung und Unterdrückung, Zwangs-Openness als Akt des Widerstands und produktiver Openness als Mittel zur Schöpfung unserer Lebensbedingungen zu unterscheiden. Und wir brauchen eine kollektive Selbstverständigung über unsere Openness-Praktiken in den verschiedenen Kontexten, um die Widersprüche nicht auszublenden, sondern ihnen ins Auge sehen und dann klug handeln zu können.

ELEVATE: Wie werden die neuen Technologien, Produktionsweisen und Kommunikationsmöglichkeiten die Gesellschaft deiner Meinung nach verändern?
Die neuen Produktionsweisen werden vom Kapitalismus hervorgebracht und unterminieren gleichzeitig sein Fundament. Der Kapitalismus braucht Openness, und Openness befördert sein Ende. Der Kapitalismus produziert gleichzeitig die Individualitäten, die es anders machen können. Dieser
Prozess des gleichzeitigen Zerfalls des Alten und der Schöpfung eines Neuen verläuft notwendig widersprüchlich. Darüber sollten wir uns verständigen, um uns in ihm solidarisch zu bewegen.

ELEVATE: Wie können wir alle zu positiven Veränderungen beitragen?
Eine freie Gesellschaft ist eine, in der alle ihre Bedürfnisse entfalten können, so dass nicht nur niemand unter die Räder kommt, sondern die Entfaltung des Einzelnen die Voraussetzung für die Entfaltung aller ist. Diese Leitlinie ins eigene Leben einzubauen, ist eine gute Idee.



http://2013.elevate.at/diskurs/guest/meretz/

http://2013.elevate.at/E13economy

http://2013.elevate.at/E13peercommons