// derFreiRaum
Die unabhängige Plattform „derFreiRaum“´, vertreten am elevate Festival durch Dr. Klaus Unterberger, hat kürzlich ein interessantes Buch zum Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk veröffentlicht. 57 AutorInnen beziehen Position in „DerAuftrag - Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Positionen - Perspektiven – Plädoyers“. Das Buch ist im Verlag Sonderzahl erschienen und kann über die Website von derFreiRaum bestellt werden.
>> DO.26.10.2006 @ Dom im Berg, 16.00 Uhr
Unabhängige Plattform
“derFreiRaum" ist ein Forum für alle, denen die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich und Europa ein Anliegen ist. Die parteiunabhängige Plattform wurde von ORF-MitarbeiterInnen und MedienexpertInnen gegründet, um das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Radio-, Fernseh- und Internetprogramme des ORF als unabhängige, gesellschaftlich relevante Dienstleistung zu stärken. Denn zumindest eine der Kernaufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, unabhängige und objektive Information zu bieten, ist wohl unverzichtbar für eine Demokratie.
Weichenstellungen
Zunehmende private Konkurrenz und sinkende Werbemarktanteile stellen jede öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt vor finanzielle Überlebensfragen. Dazu kommt ein immer wieder in der öffentlichen Kritik beanstandetes Naheverhältnis zwischen Politik und Rundfunk, das die geforderte Unabhängigkeit der Geschäftsführungen, der JournalistInnen und ihrer Programme in Zweifel zieht.
Auch der ORF steht vor entscheidenden Weichenstellungen: Kann sich der österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinem im ORF-Gesetz formulierten Programmauftrag behaupten oder führt eine Annäherung an die Programmangebote der kommerziellen Sender zu einer Verwechselbarkeit, Nivellierung und Ununterscheidbarkeit und damit zu einem gravierenden Substanzverlust des öffentlich-rechtlichen Gehaltes?
Kann der ORF die im ORF-Gesetz geforderte Unabhängigkeit gegenüber den Parteien und der jeweiligen Regierung gewährleisten oder bieten die vorhandenen Strukturen und die politischen Bedingungen die Möglichkeit einer Vereinnahmung des Rundfunks im Sinne einer politisch intentionalen Informationsverwaltung?
Das sind Überlebensfragen für den ORF, die sich an das ORF-Management, den ORF-Stiftungsrat, an verantwortliche Medienpolitiker und nicht zuletzt an das gebührenzahlende Publikum richten. Nur ein transparenter, engagierter und öffentlicher Diskurs kann sicherstellen, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag auch in der Praxis sinnvoll umgesetzt wird und nicht nur als Schutzbehauptung gegenüber einer „stillen“ Kommerzialisierung der Programme dient.
Grundlage Programmauftrag
„derFreiRaum“ betrachtet den im ORF-Gesetz formulierten Programmauftrag als vernünftige, richtungsweisende und konstruktive Grundlage und Bedingung für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk und das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Die darin festgehaltenen Absichten des Gesetzgebers müssen auch ihrem Sinn entsprechend ernstgenommen und verwirklicht werden. Die Unverwechsel- barkeit und der gesellschaftspolitische Anspruch der öffentlich-rechtlichen Programme sind daher ein zentrales Unternehmenselement, das nicht durch eine Annäherung an kommerziell-spekulative Formate ausgehöhlt werden darf.
„derFreiRaum“ verkennt nicht, dass sich auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten am Markt erfolgreich bewähren und durchsetzen müssen. Der Bildungs- und Kulturauftrag des ORF ist jedoch ebenso wie die geforderte Äquidistanz zu politischen Parteien ein verbindlicher Auftrag gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere den GebührenzahlerInnen.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk erhebt einen inhaltlichen Anspruch in Qualität und Form seiner Produkte. Diese Produktqualität ist eine Bringschuld des Unternehmens und nicht etwa Resultat der Erwartungshaltung der Werbewirtschaft. Die GebührenzahlerInnen dürfen sich ein vom privaten Rundfunkmarkt unterscheidbares Programmangebot erwarten, das nicht nur Quotenvorgaben, sondern die gesellschaftlichen Bedürfnisse der einzelnen Bevölkerungsschichten und- gruppen erfüllt.
Eine lebendige und kritische Diskussion zu Fragen der Programmqualität, der Brutalität in Fernsehsendungen, des Transportes sexistischer Vorurteile oder der Unabhängigkeit und Brisanz der journalistisch investigativen Berichterstattung ist ein geeigneter Maßstab für das laufende Programm und die Programmentwicklung.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk produziert mit seinen Programmen und Dienstleistungen öffentlichen Wert für die Gesellschaft und unterscheidet sich in seinen Aufgaben grundsätzlich von privaten Rundfunkunternehmen. Es ist daher von Bedeutung, dass die programmproduzierenden Kernbereiche in Information und Unterhaltung nicht durch Auslagerungen gefährdet werden.
Der öffentlich-rechtliche Programmauftrag ist nicht eine vom Gesetzgeber auferlegte Bürde, sondern eine kulturelle und gesellschaftspolitische Herausforderung und die zentrale Zukunftschance für den ORF. Die ständige Bezugnahme auf gesellschaftliche Prozesse, ein lebendiger Diskurs zwischen Programmverantwortlichen, Programmmachern und dem Publikum sind unabdingbare Bestandteile der innovativen Entwicklung für jede öffentlich-rechtliche Anstalt, daher auch für den ORF.
Einladung zu einem konstruktiven Diskurs
40 Jahre nach dem Rundfunk-Volksbegehren, das erst die Grundlage für den ORF in seiner heutigen Form ermöglicht hat, stellen sich jedoch die Fragen von Unabhängigkeit, Qualitätssicherung und Programmsubstanz des österreichischen öffentlich-rechtlichen Hörfunks und Fernsehens von Neuem.
„derFreiRaum“ lädt daher alle Interessierten ein, an einem konstruktiven, engagierten und kritischen Meinungsbildungsprozess zur Zukunft des gebührenfinanzierten, öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich teilzunehmen.
Um diese Fragen zukunftsorientiert und kompetent zu diskutieren, organisiert "derFreiRaum" Veranstaltungen, die den Diskurs zwischen ORF, Medienpolitik und Öffentlichkeit anregen.
Dieser Diskurs wird nicht auf die österreichische Medienlandschaft zu begrenzen sein, sondern sich auf den europäischen und internationalen Kontext und die Erfahrungen anderer nationaler öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten beziehen.
Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich erfordert Innovationsbewusstsein jenseits von Quotenspekulation und ein selbstbewusstes und souveränes Auftreten gegenüber politischen Entscheidungsträgern.