Die Veröffentlichung von Daten aus Steueroasen durch Offshore Leaks, von brisanten Geheimdokumenten durch WikiLeaks und die Enthüllungen von Edward Snowden über die   umfassende Bespitzelung unbescholtener Bürger*innen durch Geheimdienste und Privatunternehmen zeigen beispielhaft die Ambivalenz der neuen Technologien: Sie können einerseits für die Transparenz von Geldflüssen und Machtverhältnissen sorgen und neue Formen von Demokratie ermöglichen, andererseits aber auch für totale Überwachung genutzt werden und dem Menschenrecht auf Privatsphäre ein Ende setzen. Diese Ambivalenz gilt auch für Open-Hardware-Baupläne, Open Materials und 3D-Drucker zur Produktion materieller Güter. Damit können mittlerweile gesellschaftlich nützliche Maschinen aller Art selbst dezentral kostengünstig produziert werden – allerdings auch Waffen.

Freie Software stand am Anfang der "Open-Bewegung". Der Gründer der Free Software Foundation Richard Stallman erkannte sehr schnell: Wer die Software kontrolliert, kann auch die Verbreitung von Informationen kontrollieren und technische Innovation behindern, kurzum: enorme Macht erlangen. Er schlussfolgerte daraus, dass der Quellcode jeder Software offen sein muss, damit alle Menschen sie an ihre Bedürfnisse anpassen können, damit Fehler schnell gefunden und Spionageversuche rasch aufgedeckt werden können. Von dort war der Schritt zu Open Hardware nicht mehr weit. Die Baupläne von Geräten und Maschinen werden öffentlich zugänglich gemacht, sodass sie weltweit möglichst einfach dezentral nachgebaut werden können. 3D-Drucker werden in Zukunft vermutlich immer mehr Menschen eine ressourcensparende, bedürfnisorientierte Produktion im Selbstbau ermöglichen.

Das Spektrum der Open-Initiativen wächst stetig:
OpenStreetMap setzt sich zum Ziel, eine freie Weltkarte zu erarbeiten. Open Government Data ermöglicht die umfassende Kontrolle der Regierungen durch die Bürger*innen. Open-Democracy-Projekte arbeiten an Möglichkeiten der unmittelbaren Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen. Mit Hilfe von Open Media und Open Spectrum lassen sich Informationen unabhängig von den etablierten Massenmedien in Echtzeit weltweit verbreiten. Open Science plädiert für die Freigabe von Forschungsprozessen und -ergebnissen, um wissenschaftliche und technologische Innovation voranzutreiben. Auch für Saatgut werden Creative-Commons-Lizenzen angedacht, damit durch den Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt entgegen den Interessen der großen Konzerne und durch die Entwicklung neuer samenfester Sorten die selbstbestimmte Ernährung der Menschheit auch angesichts von Klimawandel und Peak Everything ermöglicht wird. Eine Idee ist all diesen Bereichen gemeinsam: die "Weisheit der Vielen" soll zu besseren Ergebnissen führen, als sie einzelne Expert*innen und Regierungen zustande bringen. Darüber hinaus ermöglichen die neuen Technologien auch neue Formen von Zusammenarbeit und "Co-creation" jenseits von Markt und Lohnarbeit, die die Keimformen eines neuen Wirtschaftssystems sein könnten. All diese Entwicklungen stellen bestehende Machtstrukturen grundsätzlich in Frage.

Dem gegenüber steht die Tatsache, dass politische Entscheidungsfindungsprozesse zunehmend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und viele der wichtigsten Entscheidungen in Gremien getroffen werden, die nicht demokratisch gewählt werden. Geschäfts- und Amtsgeheimnisse verhindern eine öffentliche Kontrolle. Gleichzeitig gerät unser Privatleben immer stärker unter Beobachtung. Regierungen und Konzerne verstehen unter Transparenz den "gläsernen Menschen". Ihre eigenen Aktivitäten wollen sie geheim halten, unsere jedoch möglichst genau überwachen und aufzeichnen – um uns besser kontrollieren bzw. unsere Daten zu Geld machen zu können. Es sind die gleichen Technologien, die entweder Selbstermächtigung, Solidarität und Demokratie oder totale Kontrolle, Ausbeutung und Unterdrückung ermöglichen. Das Elevate Festival macht sich daran, dieses ambivalente Terrain der Openness auszuloten, und bearbeitet die Frage, wie sich unsere Gesellschaften verändern könnten, sollte "Open Everything" Realität werden.