House

Samstag, 26 Oktober 2013

Man muss nicht gleich daran verzweifeln, dass viele, viele DJs, die vor zwei, drei Jahren noch regelmäßig miese Krach-Bumm-EDM-Tracks gedroppt und die dann lästerhaft „Electro“ genannt haben, heute das Wort „Deep House“ inflationär in die Konversation streuen.

Das Genre selbst kann da nichts dafür. Ebenso wenig dafür, dass es in verwässerter und jeder Seele beraubter Preset-Variante mittlerweile auch gerne den Weg in die Pop-Charts findet. House Music ist immer noch die Göttin. House Music ist eine der sinnlichsten und größten Musiken überhaupt. Was House Music heutzutage noch kann und immer schon konnte – und dass innerhalb dieser Klammer einiges möglich ist –, zeigt das weitgesteckte Programm im Dom im Berg: Den Abend eröffnet die in Wien ansässige, ursprünglich aus Russland stammende Allrounderin Masha Dabelka mit einem DJ-Set, ebenfalls an den Abspielgeräten zugange wird ein Produzent aus der Ukraine sein: Vakula. Dieser junge Herr lässt in seine Arbeiten gerne eine gehörige Dosis Jazz einfließen – freilich ohne dabei in gefälliges Liftmusik-Gedudel wegzudriften. 2013 erst hat Vakula ein feines Album veröffentlicht, ein Stück darauf nennt sich in freundschaftlicher Verehrung For Juju & Jordash. Es ist also vermutlich kein Zufall, dass an diesem Abend auch das niederländische Überflieger-Produzententeam Juju & Jordash auf der Bühne stehen wird. Und zwar als Teil einer Art Supergroup, der aktuell zu Recht einiges an Hype vorauseilt: Gemeinsam mit dem deutschen Produzenten Move D, der nicht wenige Klassiker der elektronischen Tanzmusik in seiner Diskografie führt, bilden Juju & Jordash das Trio Magic Mountain High, das mit einem Hardware-Live-Set antritt. Ebenfalls live und in Farbe am Start: das österreichische Duo Ogris Debris, das auf dem Trägermaterial House immer wieder Raum für Pop oder eine kleine Idee Schabernack findet. Ihre Auftritte sind Feste des geschmacksicheren Überschwangs.



Die Nacht beschließt ein Mann, dem ohne flaues Gefühl der Titel „Legende“ angetragen werden muss: Lil’ Louis, House Founding Father aus Chicago. Sein überaus mit Sex und Schweiß betanktes Stück French Kiss kennen auch Menschen, denen House sonst nicht gar so oft in die Tüte kommt. Und das ist gut und richtig so. Der Mann ist jedoch natürlich alles andere als ein One-Hit-Wonder, sondern ein mit allen Wassern des Geschichtsbewusstseins, des Stils und der geschmeidig fließenden Vielseitigkeit gewaschener Plattendreher. Alter Slogan, immer, immer gut: I’ll House You.

(Philipp L'Heritier)