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Elevate Q&A mit Mark Brey / Occupy Wall Street

Das Elevate Festival stellt seinen Gästen heuer DIE Frage zum Festivaltitel: Brauchen wir die große Katastrophe um uns Weiterzuentwickeln? Auch die multiple Krise ist eine von drei Fragen, die allen Gästen des Festivals gestellt wurden. Einige der Antworten werden hier im Elevate Magazin veröffentlicht.

Den Anfang macht Mark Brey, Vertreter von Occupy Wall Street, der im neuen experimentellen Diskursformat "Participate!" am Sa.27.10.2012 via Videostream live aus den USA zugeschalten wird:


ELEVATE: Wie sehen Sie die gegenwärtige multiple (wirtschaftliche, ökologische, soziale, politische) Krise und die (Anti-)Krisenpolitik?

Mark Brey:  Ich denke, es zeigt sich, dass der Versuch, die Märkte durch das aktuelle politische System zu zügeln, an seine Grenzen stößt. Nachdem wir über hundert Jahre lang versucht haben, einen „freundlicheren” Kapitalismus zu etablieren, sehen wir nun, dass die geschaffenen Maßnahmen der sozialen Sicherung unter Beschuss geraten. Deshalb ist es so wichtig, dass soziale Bewegungen beginnen, außerhalb des politischen Systems zu denken, um Gegenkräfte und eine Basis für den Widerstand zu schaffen.  


Denken Sie, dass globale soziale Bewegungen wie La Via Campesina und seit neuerem auch die Occupy-Bewegung eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, das Ruder herumzureißen und die notwendigen fundamentalen Veränderungen herbeizuführen? Wie groß ist Ihrer Meinung nach das Potenzial solcher Bewegungen? Welche weiteren Akteure sind wichtig?

Ich denke, globale soziale Bewegungen sind unentbehrlich für einen weltweiten Kurswechsel. Eine solche Veränderung erfordert eine breite demokratische Partizipation, und in diesen Bewegungen können sich die Menschen direkt einbringen. Aber sie alleine reichen sicher nicht aus. Wir brauchen auch autonome, direktdemokratische Gruppen und Vereinigungen, in denen die Menschen ihr Arbeits- und  Gemeinschaftsleben sowie alle weiteren Lebensbereiche organisieren. Nur so können wir anfangen, die nachhaltigen und fairen Alternativen, für die wir eintreten, auch zu leben.


Was ist Ihre Meinung zu der zentralen Frage des diesjährigen Festivals „Elevate the Acocalypse?”: Wird es der Menschheit gelingen, den dringend nötigen gesellschaftlichen Wandel hin zu solidarischen Wirtschafts- und Lebensweisen zu bewerkstelligen und die ökologischen Grenzen des Planeten zu respektieren? Oder bedarf es erst großer Katastrophen, damit die notwendigen, grundlegenden Veränderungen entschieden vorangetrieben werden?

Es ist schwierig, das abzuschätzen, aber strategisch müssen wir uns auf beide Szenarios vorbereiten. Damit meine ich, dass wir das  Organisationspotenzial unserer Bewegungen und Gruppen für soziale Gerechtigkeit ausbauen müssen, um die Menschen über die täglich wachsenden Bedrohungen für unser kollektives Wohl zu informieren.  Gleichzeitig müssen wir diese Netzwerke und Organisationen aber auch dazu nutzen, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, um in Krisenzeiten handlungsfähig zu sein.

Letztendlich geht es meiner Meinung nach nicht wirklich darum, ob es zur Katastrophe kommt oder nicht. Es geht um die Macht des Kollektivs. Denn selbst wenn eine Katastrophe eintritt, denke ich, dass auch danach keine Veränderung stattfinden wird – es sei denn, wir sind als Kollektiv so stark, sie zu erzwingen.

Mark Brey, Vertreter von Occupy Wall Street, wird im neuen experimentellen Diskursformat "Participate!" am Sa.27.10.2012 via Videostream live aus den USA zugeschaltet.