Elevate Q&A mit Cynthia McKinney
Freitag, 19 Oktober 2012
Das Elevate Festival stellt seinen Gästen heuer DIE Frage zum Festivaltitel: Brauchen wir die große Katastrophe um uns Weiterzuentwickeln? Auch die multiple Krise ist eine von drei Fragen, die allen Gästen des Festivals gestellt wurden. Einige der Antworten werden hier im Elevate Magazin veröffentlicht.
Cynthia McKinney war bereits 2007 am Elevate Festival zu Gast und hielt damals die Eröffnungsrede. 2012 ist sie - fünf Jahre danach - wieder dabei. Via Videostream live aus Atlanta, USA, bei der Elevate Eröffnung 2012.
Wie sehen Sie die gegenwärtige multiple (wirtschaftliche, ökologische, soziale, politische) Krise und die (Anti-)Krisenpolitik?
Leider hat eine extreme Demobilisierung der Bevölkerung stattgefunden. Ich lese heute von Repression in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen. Es gibt „harte” und „weiche” Repression in den USA. Es gibt vom Staat und von privaten Organisationen ausgehende Repression. Ich versuche, etwas aus der Vergangenheit zu lernen und es auf das heutige US-amerikanische Setting anzuwenden. Was wir in Griechenland und Spanien gesehen haben, ist in den USA bislang noch nicht passiert, obwohl Billionen von Dollar von den Armen und der Arbeiterklasse abgeschöpft wurden und an die ohnehin schon Reichen gegangen sind. Warum verhalten sich die Menschen so gleichmütig, stehen wir doch der größten Vermögensumschichtung seit dem transatlantischen Sklavenhandel gegenüber?
Denken Sie, dass globale soziale Bewegungen wie La Via Campesina und seit neuerem auch die Occupy-Bewegung eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, das Ruder herumzureißen und die notwendigen fundamentalen Veränderungen herbeizuführen? Wie groß ist Ihrer Meinung nach das Potenzial solcher Bewegungen? Welche weiteren Akteure sind wichtig?
Das Potenzial transformativ orientierter sozialer Bewegungen ist groß, denn unsere Zeit ist auch von einem tiefgreifenden strukturellen Wandel der globalen politischen Ordnung bestimmt. Das einzige Problem ist, dass nicht wir diejenigen sind, die diesen Wandel lenken. Deshalb wird es ein Wandel sein, der nicht für, sondern gegen uns ausgeht, wenn sich dieser Trend fortsetzt.
Jede*r Einzelne hat Macht. Aber jede*r Einzelne wird sich entscheiden müssen, ob er/sie Ungerechtigkeit geschehen lassen, sie selbst begehen, oder aber Courage zeigen und Widerstand dagegen leisten will. Ich habe mich entschieden, Widerstand zu leisten und zu widersprechen.
Was ist Ihre Meinung zu der zentralen Frage des diesjährigen Festivals „Elevate the Acocalypse?”: Wird es der Menschheit gelingen, den dringend nötigen gesellschaftlichen Wandel hin zu solidarischen Wirtschafts- und Lebensweisen zu bewerkstelligen und die ökologischen Grenzen des Planeten zu respektieren? Oder bedarf es erst großer Katastrophen, damit die notwendigen, grundlegenden Veränderungen entschieden vorangetrieben werden?
Präsident John F. Kennedy und Dr. Martin Luther King jr. haben uns daran erinnert, dass die Menschheit die Macht hat, Armut und Not ein Ende zu setzen oder den Planeten zu vernichten. Wir, die Bevölkerung, haben zugelassen, dass eine kleine Gruppe von Individuen Genozid, Soziozid und Ökozid begeht, während zu viele von uns einfach stumm zugesehen haben. Wenn wir diese Gruppe von Individuen nicht aufhalten, dann wird Mutter Natur uns alle aufhalten.
Cynthia McKinney, Oktober 2012